Warum ich mich nach vielen Jahren wieder mit WordPress beschäftige

Ich war nie ein besonderer Fan von WordPress. Für mich war es immer ein (zwar sehr gutes aber doch nur) Blogsystem, welches manchmal ein CMS sein wollte. Das geschah meistens durch hinzufügen vieler Plugins und Hacks - kurz, es wirkte auf mich immer irgendwie zusammengestoppelt. In letzter Zeit werden die Anfragen rund um die Entwicklung von WordPress-Websites aber merklich mehr - was mich verwundert hat und weshalb ich mir einen verstohlenen Blick über den REDAXO Tellerrand erlaubt habe um dem steigenden Interesse auf den Grund zu gehen. Gleich vorweg: Da hat sich einiges getan, seit ich meine letzte WordPress-Website gebaut habe und das Interesse der Kunden ist durchaus begründet.

Vorher aber ein Blick in meine Webdesign-Vergangenheit

Wann hab ich eigentlich meine letzte Website mit WordPress umgesetzt? Das interessiert mich gerade selbst, ich denke es war dieses Projekt:

Mein letztes WordPress-Projekt
Wahrscheinlich mein letztes Kundenprojekt mit WordPress, umgesetzt im Jahr 2011 (die Fotos hab ich aus rechtlichen Gründen vorsichtshalber verpixelt)

An Projekte danach kann ich mich eigentlich nicht erinnern.

Den Bewerb gibt es mittlerweile nicht mehr, die hübschen Mädels sind auch älter geworden und natürlich ist auch die Website längst nicht mehr online. Auf archive.org ist mein „Webdesign-Meisterwerk“ von 2011 aber noch zu bewundern.

Im Quellcode steht auch die Versionsnummer: “WordPress 3.1.2” - mittlerweile und unzählige Versionen später steht WordPress bei Version 6.5. Soweit ich mich erinnere, ähnelte damals das Backend von WordPress demjenigen von heute sehr - wenn es nicht sogar gleich war.

Wenn man allerdings heute im Backend auf “Bearbeiten” oder “Neuen Beitrag erstellen” klickt, öffnet sich eine fantastische Oberfläche, die mit WordPress von damals aber sowas von überhaupt nichts mehr gemeinsam hat und wo alles, was ich damals grottenschlecht fand, einfach verschwunden ist. Dafür gesorgt hat das Entwicklerteam mit dem Blockeditor “Gutenberg”.

Arbeiten mit dem Blockeditor

Ich kann mich noch gut erinnern. Damals wurde alles an Inhalten einfach in einen Rich-Text-Editor geklatscht und als HTML in der Datenbank abgespeichert. Sei es ein Bild, eine Tabelle oder einfach nur Text - für einen Webentwickler war es sehr schwierig, anspruchvolle Webentwürfe damit umzusetzen, weil es einfach an Flexibilität mangelte.

Heutzutage jedoch werden die einzelnen Seiten in WordPress aus Blöcken zusammengesetzt, genauso wie REDAXO das damals schon tat und was einer der Hauptgründe war, warum ich REDAXO stets besser fand. Der Redakteur arbeitet jetzt im Blockeditor direkt auf der Website, also im Frontend, während man bei REDAXO diese Möglichkeit nicht hat. Ein klarer Pluspunkt für WordPress.

Das Ganze sieht so aus:

Der WordPress Blockeditor
Arbeiten mit Gutenberg, dem WordPress Blockeditor

Für einen Redakteur, der einfach nur seine Website bearbeiten möchte und sich nicht um technische Details schert, ist das eindeutig die einfachere und intuitivere Vorgehenweise, als sich im Backend vorzustellen, wie die Darstellung der Inhalte im Frontend wohl sein wird. Ich kann in REDAXO zwar auch eine Minibar im Frontend anzeigen lassen, aber sowas wie das hier gibt es in REDAXO einfach nicht.

Richtig cool ist das Anlegen neuer Blöcke gestaltet. Nach einem Block signalisiert ein schwarzes Plus-Zeichen dass hier ein neuer Block hinzugefügt werden kann.

WordPress Block Editor neuen Block hinzufügen
So einfach kann man einen neuen Block hinzufügen

Eine Suche unterstützt den Redakteur dabei mit Vorschlägen. Über einen “Alle durchsuchen” Button öffnet sich dann eine Sidebar, mit der man schön sortiert alle Möglichkeiten sieht. Das ist einfach perfekt gelöst!

WordPress Block Editor Vorlagen
Gruppierte Blöcke über Vorlagen einfügen

Man kann hier ganz easy Blöcke (Text, Bilder, Tabellen, usw.) oder aber schon gruppierte Blöcke, welche als Vorlagen fein säuberlich kategorisiert und mit einem Vorschaubild bereitgestellt werden, auswählen und einfügen. Diese Vorschau ist etwas, das ich bei REDAXO schon schmerzlich vermisse. Hier muss ich mit einem das Modul möglichst gut beschreibenden Namen versuchen die Module zu unterscheiden. Außerdem gibt es bei REDAXO im Moment keine gute Möglickeit, Blöcke zu gruppieren. Ich habe mir da zwar recht gut selbst geholfen und ein eigenes “Multimodul” entwickelt, aber das hier ist einfach der Hammer und kann ich mit REDAXO so in der Form nicht bieten.

Sehr benutzerfreundlich und mächtig - aber auch aufwändiger

Veröffentlicht wurde dieser neue Editor übrigens schon im Dezember 2018, er ist also gar nicht mehr so neu und ich hab das damals schon auch mitgekriegt. Meine Abscheu vor WordPress nach all meinen Erfahrungen war wohl noch zu groß und REDAXO bot ja alles was ich brauchte.

Aber grundsätzlich ist das alles jetzt schon ziemlich cool und macht Lust auf mehr. Ich kann mir schon gut vorstellen, dass Redakteuren die Arbeit damit richtig Freude macht. Von daher dürfte wohl auch die große Nachfrage kommen.

Der Aufwand für die Entwicklung von Webseiten die mit diesem neuen Blockeditor bearbeitet werden können, erscheint mir auf den ersten Blick und im Vergleich zu REDAXO-Modulen aber doch höher zu sein - ich kann mich aber auch täuschen.

Der eine oder andere mag jetzt meinen, dass es gar nicht aufwändig sei. Man könne ja einfach ein Theme kaufen und dieses anpassen. Ich rede hier aber von der Erstellung eigener Themes „from scratch“, also von Grund auf. Zwar kenne ich noch nicht alle Tricks und Kniffe, aber es erscheint mir aufgrund der vielen Möglichkeiten die dieser Blockeditor bietet, mehr Arbeit zu sein, als wenn ich dasselbe mit REDAXO baue. Der Vorteil von WordPress liegt hier also einfach nur bei der tollen Verwaltung von Inhalten und weniger beim Entwickeln von Websites. Hier sehe ich nach wie vor REDAXO im Vorteil - was aber tut man nicht alles dafür, dass Kunden ihre Websites möglichst einfach und komfortabel selbst verwalten können 🤗.

Was für mich aber jetzt schon klar ist: Der Benutzer hat für meinen Geschmack viel zu viele Möglichkeiten das Design zu verhunzen. Zumindest ist das bei der mitgelieferten Standardvorlage so. So kann er beispielsweise beliebige Schriften nachladen und einbinden - ich sehe schon die Comic-Sans Websitemonster vor mir 🤪. Ich denke aber, dass man das auch steuern und die Möglichkeiten etwas einschränken kann.

Die Verbreitung von WordPress ist gewaltig

Ein weiterer Grund: Wenn man sich die Statistiken anschaut, ist WordPress absoluter Spitzenreiter in der weltweiten Verbreitung. Angeblich werden 43.3 % aller Websites weltweit durch WordPress ausgeliefert und hat damit eine Verbreitung von 62.8 % (Tendenz nach wie vor steigend!)1. Das ist schon krass und einer der Gründe, warum ich (nach langer Gegenwehr) jetzt doch in Erwägung ziehe, WordPress in mein Portfolio aufzunehmen.

REDAXO scheint in dieser Statistik übrigens gar nicht auf, das ist aber auch nicht weiter verwunderlich:
Erstens geht es um die weltweite Verbreitung und REDAXO wird fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum genutzt. Und zweitens erkennt man eine Website die mit REDAXO umgesetzt worden ist gar nicht so einfach. In Deutschland dürfte REDAXO eine weitaus höhere Verbreitung haben als offizielle Statistiken tatsächlich angeben.

CMS Systeme nach Google Suchanfragen

Jetzt kommts aber und ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

WordPress ist unangefochten Spitzenreiter bei Google Anfragen.
WordPress ist unangefochten Spitzenreiter bei Google Anfragen. (Stand April 2024, Screenshot von Google Trends)

Noch trauriger sieht es aus, wenn man mal alle vergleichenden CMS Systeme mal wegmacht und das Interesse im zeitlichen Verlauf auf das Maximum setzt. Während das Interesse in Deutschland zum Thema WordPress sogar wieder zunimmt…

Interesse an WordPress nach Google Suchanfragen.
Interesse an WordPress nach Google Suchanfragen. (Screenshot von Google Trends)

…fällt es bei REDAXO kontinuierlich und bleibt seit Anfang 2020 auf einer stabilen aber kleinen Basis:

Interesse an REDAXO nach Google Suchanfragen.
Interesse an REDAXO nach Google Suchanfragen. (Screenshot von Google Trends)

Was ich damit sagen will:

Ich benötige immer noch nichts anderes als REDAXO um perfekte Websites zu bauen. Es funktioniert einfach zu gut und die Möglichkeiten sind einfach super. Aber offensichtlich sehen potentielle Kunden das anders bzw. kennen und suchen erst gar nicht nach einem anderen System als WordPress.

Selbst bei meinen langjährigen Kunden bemerke ich, dass der eine oder andere mit einem anderen System wie z.B. WordPress, Wix oder Squarespace liebäugelt oder sogar schon auf ein anderes System umgestiegen ist und nicht zu überzeugen war (falls er denn überhaupt nachgefragt hat), Verbesserungen an seiner bestehenden REDAXO-Website vorzunehmen. Da werden dann auch schon mal Jahre an Arbeit, die derjenige oft selbst reingesteckt hat, leichtfertig weggeworfen, dabei könnte man die bestehenden Inhalte auch einfach einem Re-Design unterziehen. Auch wenn es danach so mancher bereut hat, der Kunde ist dann leider erstmal weg.

Ich möchte also potentiellen Neukunden aber auch bestehenden Kunden einfach eine Alternative bieten, wenn sie z.B. so ein Frontend-Editing haben möchten.

Das Thema Webshops

Eine der häufigsten Fragen ist: „Machen Sie auch Shops?” - und ein weiterer Grund, dass ich mich jetzt nach so langer Zeit wieder mit WordPress beschäftige. Ich hab mich vor Shops immer gedrückt, meine Kunden wissen das. Mit REDAXO nur schwer umzusetzen, weil es eben kein wirklich gut gepflegtes Addon gibt und Systeme wie Shopware oder Magento sind mir viel zu mächtig um einfache Webshosp umzusetzen.

Dazu kommt noch der rechtliche Aspekt. Shopsysteme, welche in Deutschland eingesetzt werden, müssen gewisse rechtliche Voraussetzungen erfüllen. Der Entwickler des Shop-Systems muss auch neue gesetztliche Änderungen rasch umsetzen - das System sollte in Deutschland also gut verbreitet sein. Da möchte ich mich auf keine Experimente einlassen und brauche etwas, wo sichergestellt ist, dass das dann auch gemacht wird und ich nur noch Updates einspiele ohne dass dann die Website kaputt ist.

Für WordPress gibt es entsprechende Lösungen, die auch erfolgreich eingesetzt und gepflegt werden. Woo-Commerce z.B. scheint so eine Lösung zu sein.

Fazit

Es gibt also einige Gründe sich zukünftig zusätzlich zu REDAXO und Jekyll auch mit WordPress zu befassen. Alle 3 Lösungen haben ihre Vorteile und mit WordPress könnte ich meinen Werkzeugkasten gut erweitern, um in Zukunft noch flexibler auf die Wünsche und Vorstellungen meiner Kunden zu reagieren und vielleicht auch die oft gewünschten und angefragten E-Commerce-Lösungen anzubieten. Im Moment spricht nichts dagegen, aber ich teste noch.

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